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Das Hogwarts von Frankreich

Autorenbild: Sonja MurSonja Mur

Mein Freund und ich standen diesen Morgen früh auf, weil wir vor den vielen Touristen in Mount Saint Michele sein wollten, doch womit wir nicht gerechnet hatten, war die nette alte Dame unseres Zimmers, dass wir spontan über Airbnb gebucht hatten. Ein kleines Haus auf dem Lande, wo die Frau um die siebzig Jahre mit weißem Haar und mit ihrem Mann lebte und zwei Gästezimmer besaß. Das Haus war vollgestopft und roch nach dem Geruch, wie man ihn von seiner Oma kannte. Unser Zimmer war im oberen Stock und jede Stufe der hölzernen Treppe, die nach oben führte, gab bei jedem Tritt ein Knarzen von sich. Das Zimmer war sehr simpel eingerichtet. Das Badezimmer war das Highlight in dem Häuschen. Es war urig, ganz im französischen Stile. Eine antike Badewanne, die mich an das alte Rom und Julius Cäsar denken ließ, stand auf einer kleinen Erhöhung. Es fühlte sich an, als hätten mein Freund und ich eine kleine Zeitreise gemacht. Am nächsten Morgen wollten wir schnell eine Kleinigkeit essen und waren erstaunt, dass es ein Frühstück wie bei seiner eigenen Oma zu Hause war. Ein anderes Paar, Gäste ebenso eines hohen Alters saßen bereits am Tisch. Die Gastgeberin servierte uns alles, was wir begehrten und sie hatte eine Kaffeepresse der ganz altmodischen Art, die ohne Storm oder Elektrizität funktionierte, eine sogenannte French Press. Das Paar, das uns gegenüber saß, begrüßte uns auf Französisch und wollten wissen, was wir denn heute so geplant hatten. Aus Höflichkeit hatten wir Bruchteile von Französisch gelernt, als wir uns für eine Rundreise in Frankreich entschieden und da wir bereits seit einer Woche in Frankreich waren, hatten wir irgendwie verstanden, was der Franzose von uns wollte. Erstaunlicherweise unterhielten wir uns eine ganze Stunde mit dem Pärchen. Sie konnten kein Wort Englisch, wir nur einzelne Worte französisch und dennoch hatten wir uns gut gelaunt verständigen können. Es fielen Wörter wie D-day, ein Stichtag einer militärischen Operation, die an einem französischen Strand stattfand, an dem wir schon waren und Le Mount Saint Michele wo wir noch hin wollten. Der Mann schrieb und auf eine rote Serviette, was wir noch alles unbedingt in Frankreich anschauen mussten. Ich hatte noch nie so eine gute Unterhaltung mit jemanden, dessen Sprache ich nicht kannte und es war schön zu sehen, wie gut man zusammen kommunizieren und sich versehen konnte, wenn der Wille da war. Zum Schluss wollte mein Freund noch ein Stück Baguette kosten. Er nahm das Baguette in seine linke und das Messer in seine rechte Hand. Der Franzose bot sofort seine Hilfe an, doch mein Freund lehnte ab. Erneut bot der Franzose seine Hilfe an und so ging es ein paar Mal hin und her, bis mein Freund schließlich zwei Stücke abgeschnitten hatte. Erst später realisierten wir beide, was unser Fehler war und dass wir den Franzosen wohl sehr verletzt und beleidigt hatten, auch wenn er höflich genug war, es sich nicht anmerken zu lassen. In Frankreich schneidet man kein Baguette, das ist eine Sünde. Das Gleiche wäre einen Knödel in Südtirol mit einem Messer zu essen oder Ananas auf einer Pizza in Italien zu bestellen.

Nachdem es uns gelungen war, uns von den anderen Gästen loszureißen und das Airbnb zu verlassen, parkten wir etwas weiter entfernt bei einem kostenlosen Parkplatz, den uns die Besitzerin unserer Unterkunft empfohlen hatte. Viel mehr war es einfach ein Straßenrand an einer Wiese als wie ein Parkplatz. Während wir einen kleinen verwachsenen Pfad entlang gingen, kam Mount Saint Michele immer näher und es sah aus wie ein Gemälde, so unreal erschien es. Eine unvergleichliche Schönheit zeigte sich in der Ferne, umgeben von nichts. Wir konnten es kaum erwarten, uns diesen Ort aus der Nähe anzusehen. Irgendwann kamen wir zu einer Kreuzung, auf dem wir auf unzählige Touristen trafen. Von der Nähe wirkte der Ort noch viel prachtvoller. Hohe Mauern, die sich im Kreise um ihn schlossen, einzig das Tor stand offen. Manche fühlten sich wohl ins Mittelalter versetzt, aber ich konnte nur an einen Ort denken. Hogwarts, die Schule für Hexerei und Zauberei aus den Harry Potter Büchern. Ein magischer wunderschöner Ort in dem sich jeder heimisch fühlen konnte. Die engen Gassen mit ihren verschnörkelten Ladenschildern fühlten sich wie die Winkelgasse an. Ich genoss jedes Detail des Ortes und ich fühlte mich wohl wie der glücklichste Mensch. Gefühlt in der Zauberwelt unterwegs, auf einer Rundreise in Frankreich, mit der Liebe meines Lebens an der Seite. Für einen kleinen Preis erkundeten wir das Schloss oder viel mehr das Kloster von innen. Der Ort hier lebte nicht immer in Frieden, keineswegs. Mount Saint Michele wurde elf Jahre lang im hundertjährigen Krieg von den Engländern belagert und endete erst mit dem Sieg der Franzosen. In der Französischen Revolution wurde die Abtei aufgelöst und in ein Gefängnis umgewandelt. Das Gefängnis wurde bis ins 19. Jahrhundert genutzt und beherbergte unter anderem politische Häftlinge. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Mont Saint-Michel restauriert und zu einem beliebten Touristenziel. Die Abtei wurde 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Im Reiseführer hatte ich gelesen, dass Essen hier unglaublich teuer sein sollte, was stimmte, wenn man in den Restaurants unter der Burg essen ging, doch es gab noch einen kleinen Fast Food Laden der günstig Pizza und Burger anbot und ein sehr wichtiger Tipp für alle die nach Frankreich reisen wollen: Esst niemals Pizza in Frankreich. Die schmeckt einfach nur ekelhaft. Ich hatte mir einen Veggie Burger mit Pommes bestellt. Außerdem gibt es sogar noch einen Pizzaautomaten für alle die günstig essen wollen, aber wie gesagt lasst es besser sein. Am Ende umrundeten wir noch den Ort und gingen raus auf den Strand und entfernten uns ein wenig. Wir zogen die Schuhe aus und genossen den feinen Sand unter unseren

Füßen und mein Freund hatte eine Stelle von vielen dort gefunden, wo es Treibsand gab. Es ist zwar relativ spaßig, sich dort ein wenig einsinken zu lassen und seinen Fuß wieder raus zu ziehen, aber seid gewarnt: Treibsand sollte man nicht unterschätzen. Er kann gefährlich sein und im allerschlimmsten Fall, sogar tödlich enden. Natürlich wird das wohl kaum in Mount Sain Michle passieren, aber besser ihr seid gewarnt. Wie einige andere Touristen hatten wir die Gezeiten unterschätzt. Wir waren noch recht weit draußen, als das Wasser immer weiter stieg und ließen uns Zeit, weil wir dachten, so schnell kann es doch nicht steigen, aber plötzlich war der Wasserpegel doch recht hoch. Wir mussten unsere Hosen hoch stürzen und durch das hohe Wasser durch. Kurze Zeit später wären wir vielleicht gar nicht mehr hinübergekommen, ohne dass wir hätten schwimmen müssen, denn das Problem war, dass die Stelle wo wir standen, noch recht trocken war, aber die Stelle wo wir durch mussten tiefer lag und somit mit mehr Wasser gefüllt war. Sicher angekommen sahen wir wie Leute, vermutlich Wasserretter, die mit speziellen Fahrzeugen kamen, um notfalls sofort Menschen retten zu können. Jeder der einen Frankreich Urlaub plant, empfehle ich diesen Ort zu besuchen.

 
 
 

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